Vor 25 Jahren erschien dieses Buch mit dem Untertitel „Management ohne Manager“. Es beschreibt ein revolutionäres Führungsmodell, dass der brasilianische Unternehmer Ricardo Semler in seinem Unternehmen entwickelt und umgesetzt hat. Heute werden immer wieder seine Ideen als Neuentdeckungen für das Management veröffentlicht und vermarktet. Mich hat schon das erste Studium dieses Modells vor 25 Jahren begeistert.
Es geht hier ganz besonders um Leadership. Alles, was mit Management, Organisation, Kontrolle etc. zu tun hat, wird überflüssig. Denn jeder Mitarbeiter und jedes Team kennt die eigenen Aufgaben, Produkte, Kunden am besten. Es benötigt nur den Freiraum, seine Aufgaben zu erfüllen, und laufendes Feedback – auch aller wirtschaftlich relevanten Daten, um die richtigen Entscheidungen zu treffen. Durch das Vertrauen in die Menschen, die die Arbeit tun, werden neue Kräfte freigesetzt.
Kultur ändern – Manager ändern
Was gehört aber dazu, eine Kultur im Unternehmen entstehen zu lassen, die die Manager überflüssig macht? Das ist die entscheidende Frage! Die Manager dürfen sich nicht mehr so wichtig nehmen. Machtpositionen fallen weg, wenn alle die gleichen Informationen haben und in ihren Arbeitsbereichen direkt entscheiden dürfen. Also müssen im ersten Schritt die Manager lernen und erkennen, dass ihre alten Funktionen überflüssig werden und dass ihre neue Rolle darin besteht, der Organisation beratend, Service bietend, Fachexpertise lehrend zu dienen. Und die vorher angeleiteten und geführten Menschen im Unternehmen müssen Vertrauen entwickeln, Vertrauen in die neue Kultur. Jeder Einzelne mit seinen individuellen Qualitäten, Fähigkeiten und Aufgaben ist gleich viel wert. Er darf Verantwortung übernehmen und Entscheidungen treffen. Und er soll dies auch tun.
Damit das funktioniert, muss ein besonderer Aspekt beachtet werden: „Fehler dürfen gemacht werden.“ „Fehler sind erwünscht, weil wir aus ihnen lernen.“ „Ein Fehler ist ein Geschenk.“ Und hier muss dann wieder die Kultur funktionieren: Wir müssen über die Fehler offen und ohne Vorwürfe sprechen. Nur so kann die gesamte Organisation lernen und besser werden. Und nur so kann die Angst vor Fehlern abgebaut werden, die jedem mehr oder weniger in unserer Gesellschaft anerzogen wurde.
Mein Credo: „Eine Entscheidung ist besser als keine! Und wenn sie nicht richtig war, dann machen wir es beim nächsten Mal anders und hoffentlich besser.“
Und neben dieser Fehlerkultur sollte auch immer über die kleinen und großen Erfolge berichtet werden. Es darf sich gefreut werden, wenn etwas gut geklappt hat. Gegenseitiges Schulterklopfen stärkt die Beziehungen. Warum nicht einen umgesetzten Verbesserungsvorschlag oder die Abwicklung eines lukrativen Auftrages gemeinsam feiern?
Realität heute
Einige Fragen an jeden, der in einem normalen Unternehmen tätig ist: Wieviele Meetings gibt es? Werden dort immer gute Entscheidungen getroffen? Sind diese Entscheidungen zum richtigen Zeitpunkt allen relevanten Organisationsteilen bekannt und werden sie beachtet? Wie oft hat das Management eine bessere Entscheidung getroffen als die Fachleute direkt am Ort des Geschehens es hätten können?
An dieser Stelle unterbreche ich das Thema. Ich freue mich schon mal auf einige Antworten, damit ich weiterschreiben kann.
Buchtipp: Das Buch von Ricardo Semler ist schon jahrelang ausverkauft und wird zu Sammlerpreisen gehandelt. Einen vergleichbaren Tatsachenbericht hat Detlef Lohmann „… und Mittags geh ich Heim“ geschrieben. Dieses Buch aus dem Verlag Linde International ist lieferbar.
Hallo Peter,
da fällt mir der Satz ein “manche vertreiben Produkte, manche vertreiben Menschen.” Leider ist dieses Prinzip immer noch sehr häufig anzutreffen. Auch wenn Studien (z.B.gallup) immer wieder zeigen, dass nur ein gutes Betriebsklima, ein als Mitarbeiter sich wahrgenommen und geborgen fühlen zu guten Resultaten und produktiven Ergebnissen führen, wird sehr häufig der alte Stiefel weiter gemacht.
Das kenne ich selbst und hab ich mitgemacht. Dafür hab ich mich innerlich immer mehr entfernt. Heute sind für mich wert(e)volle Beziehungen unabdingbar, um produktiv zu arbeiten. Und da gehören Fehler machen genauso wie exklusiv statt perfekt zu sein für mich dazu. Allerdings muss ich dann auch die Verantwortung tragen. Sofern ich darf…
Danke für deine Zeilen, die mir meine Werte wieder deutlich gemacht haben.
Lg
Monika
Lieber Peter, auch dies ist ein tiefgreifendes Thema. Vor rund 30 Jahren waren wir wirklich ( zumindest in der Theorie ) weiter, als vor 10/15 Jahren.
Ich habe sehr engagiert und mit der nötigen Beseelung an einem Prozess der Organisationsentwicklung innerhalb einer Bezirksregierung teilgenommen.
Nach zweieinhalb Jahren intensivster Diskussionen mit den unterschiedlichsten Berufsgruppen innerhalb der Abteilung habe ich, als von den Beteiligten gewählter Sprecher eine Textvorlage abgeliefert, die im Sinne deiner Aussagen, die ich auch damals schon für richtig hielt, und die die Grundlage eines neuen Selbstverständnisses werden sollte,
Ich bin ganz kräftig auf die Nase gefallen, da innerhalb des Diskussionszeitraumes sich im Bereich der Juristen durch Versetzungen, Beförderungen etc. wieder das alte Kontrolldenken durchsetzte und somit der gesamte Prozess ins Stocken geriet. Wenn man meinen Text mit dem anschließend veröffentlichten vergleicht, ist von Beratung, Service und Expertise lehren nicht mehr die Rede.
Aus heutiger Sicht kann ich allerdings konstatieren, dass die damals beseelten Mitarbeitenden viele Elemente persönlich übernommen haben und in den letzten Jahren die Diskussion um Beratung und Unterstützung statt Anordnung durch das Management wieder verstärkt in den Vordergrund gerückt ist.
Darum sei gesagt: Fehler dürfen und müssen gemacht werden, damit man aus ihnen lernen kann und es später anders anstellt. In diesem Sinne wünsche ich jedem, der sich auf diesen Weg begibt Ausdauer und Erfolg.
Lasst euch nicht unterkriegen, wenn ihr etwas als richtig erkannt habt.