Schon als kleines Mädchen faszinierten mich die Berichte aus der Arbeit im Krankenhaus und die Fotos und Geschichten meiner Großcousine, die in Brasilien verschiedene Hilfsprojekte für Kinder aufbaute. Früh war klar dass ich etwas tun möchte, bei dem ich anderen helfen kann. Als ich einem Lehrer in der Realschule sagte, ich wolle Ärztin werden sagte mein damaliger Klassenlehrer dafür wäre ich zu doof. Ich lies mich nicht abbringen, machte mein Abitur. Ich arbeitete ehrenamtlich beim Roten Kreuz und studierte schließlich Medizin.
Angetrieben von meinem ZDE flog ich während des letzten Abschnittes meines Studiums in das Dorf am Amazonas um bei meiner Bekannten mehr über humanitäre Arbeit zu lernen. Für diese Entscheidung musste ich erst einmal meine Angst überwinden. Allein in ein fremdes Land, Tropen, schlechte Hygiene, Spinnen, Kakerlaken und Schlangen…. und ich musste nebenbei portugiesisch lernen. Denn Englisch verstand dort niemand.

Diese Reise veränderte mich. Und viele weitere sollten noch folgen. Aber zurück zu Brasilien. Die Menschen im armen Norden waren glücklich und gastfreundlich wie man es nur selten sieht. Obwohl die meisten gerade mal in Papphütten lebten. Man lernte Demut und wie wenig Geld und Besitz zum glücklich sein nötig ist. Überall war ich ein willkommener Gast. Fünf Wochen blieb ich dort. Beim Rückflug mit Stop Over in Rio besuchte ich die Brasilianerin die mir im Studium ihre Landessprache beigebracht hatte. Auch sie hatte mich einfach so eingeladen. Wenn auch ihre Lebensweise der totale Kontrast zum Norden war. Ich war überfüllt mit neuen Eindrücken und flog so zurück.

Dass mich diese Reise mit den Menschen und Projekten dort nachhaltig veränderte bemerkte ich erst im Laufe der Jahre. Ein Land, dass ich schon immer sehen wollte und in welchem ich das erste Buch von John „Safari des Lebens“ las, war Afrika. Das erste Mal war es Kenia. Ich lernte dort den Wert der Familie mehr zu schätzen. Mein Verwandter hatte eine Massai geheiratet und deren Familie wollte mich aufnehmen. Ich kannte niemanden bis ich in ihrer Wohnung im ärmeren Stadtteil in Nairobi stand. Sie zeigten mir alles und ich lebte mit ihnen. Eine kurze Safari organisierten sie für mich. Ich sah die eindrucksvolle Tierwelt des Masai Mara. Ich fragte sie unglaublich viel über die Masai und jede meiner Fragen wurde beantwortet. Im Viertel wo wir wohnten, war die Mittelschicht wohnhaft. Direkt daneben die Slums. Die einzige weisse Frau und damit wie auch in Brasilien DIE Attraktion in der Nachbarschaft. Und noch etwas lernte ich: Du bist perfekt und einzigartig. In Brasilien und Afrika wurde ich für meine kurvige Figur, die weiße Haut mit Leberflecken und überhaupt für mein Aussehen beneidet. Ob ich Model wäre? Und natürlich wäre ich nie und nimmer ein Model in Deutschland. Aber ich habe verstanden, dass es nicht „ein“ Schönheitsideal gibt. In irgendeinem Land dieser Welt beneidet Dich jemand für genau das Aussehen. Dort wärst du ein Model.

Ich beendete mein Studium und begann als Ärztin zu arbeiten. Und ich liebe meine Arbeit. Auch wenn es manchmal hart ist, ich würde mir keinen anderen Beruf wünschen. Es gibt nichts Schöneres als anderen zu helfen. Im Urlaub folgten weitere Reisen. Weitere neue Eindrücke, Menschen und Kulturen. Schließlich lernte ich meinen zukünftigen Mann kennen. In Deutschland. Ein weiterer Punkt meiner Big Five for Life ging von ganz allein in Erfüllung. An dem Punkt an dem ich nicht mehr suchte und zufrieden mit mir war. Da stand er.

Und wie hilfreich es ist klar zu sagen was man sich wünscht, wie es auch Mama Gombe empfiehlt, konnte ich nur ein Jahr später selbst erfahren. Meinem Chef sagte ich im Gespräch wie gerne ich im Ausland in einem Projekt mitarbeiten würde. Und er hatte nötige Kontakte. Nur drei Monate später flog ich das erste Mal nach Tansania in ein kleines Krankenhaus…. heute leite ich unser eigenes Tansania Projekt mit meinem Chef und einer Kollegin. Ein Lebenstraum.

Und die Menschen in Tansania sind mit die Herzlichsten, welche ich kenne. Wenn ich einmal im Jahr dort lande, dann freuen sich alle. Und das nicht nur, weil wir ihnen Notfallmedizin vorbeibringen. Und auch ich freue mich jedes Jahr auf die Menschen dort und den Hospitanten der zu uns kommt. Zwei Monate. Auch für ihn ist der Kulturschock groß in Deutschland. Aber wenn man sieht wie Gelerntes umgesetzt wird und dort Leben rettet, dann freut man sich als Trainer unglaublich. Eine bessere Bestätigung gibt es nicht.

Und seit kurzem durfte ich noch eine Art Glück erleben, wie man es sich nur vorstellen kann wenn man es selbst erlebt: das Glück Mutter zu werden. Dieses kleine Baby ist ein Wunder.
Ich habe das große Glück meine Big Five for Life leben zu können. Zusammen mit einer großartigen Familie. Für die ich sehr dankbar bin und ohne die ich niemals dort wäre wo ich jetzt bin. Ebenso wie wunderbare Freunde und Kollegen. Es sind noch einige Dinge auf der Liste, die ich gerne tun würde. Alles zu seiner Zeit. Und mein Umfeld weiß was das ist, um mir dabei zu helfen. Es fliegt einem nicht zu. Man muss seinen Teil dazu beitragen und der ist manchmal ganz schön hart. Aber es lohnt sich für seine Träume zu kämpfen. Ich versuche meine Träume zu leben und jeden Tag aufs Neue zu genießen…

Katja Kurz

E-Mail: kurzkatja1@live.com

Webseite: https://www.betterplace.org/de/projects/66807-diakgoestansania-verbesserung-der-medizinischen-versorgung-in-tansania