Diese Frage und die entsprechende Antwort haben mich überrascht, als ich in John’s Buch „Wiedersehen im Café am Rande der Welt“ die folgende Geschichte gelesen habe. Dabei geht es um das Helfen und das Helfenlassen. Die Erkenntnis ist sehr überraschend und hat mein Bild verändert. Es war ein wichtiger Aha-Moment für mich.
Hier der Dialog:
Casey: „Helfen Sie gerne anderen Menschen? Tun Sie gerne etwas für andere?“
Jessica nickte: „Ja.“
„Fällt es Ihnen leichter, anderen zu helfen, als Hilfe von jemanden anzunehmen?“
Jessica neigte den Kopf leicht zur Seite und antwortete lächelnd: „Ja.“
Casey nickt und antwortete nach einer Pause: „Warum sind Sie so egoistisch?“
Sofort veränderte sich Jessicas Körperhaltung. Sie rutschte auf ihrem Stuhl zurück, um sich von Casey zu distanzieren.
„Wie meine Sie das? Ich bin nicht egoistisch“, erwiderte sie mit leicht gereiztem Unterton.
Casey sah sie mit einem verständnisvollem Lächeln an. „Warum helfen Sie anderen Menschen gerne?“
Jessica antwortete zögern. Ihre Stimme klang immer noch leicht gereizt. „Weil sie sich gerne helfen lassen? Es, es,“ stammelte sie, „es hilft ihnen.“
„Das tut es mit Sicherheit.“
Jessica senkte kurz den Blick und sah Casey dann wieder an. Ihre Stimme wurde etwas weicher. „Es gibt mir ein gutes Gefühl.“
Casey sah sie interessiert an.
„Es gibt mir ein gutes Gefühl“, wiederholte Jessica. „Wenn ich anderen Menschen helfe, geht es mir gut. Deshalb tue ich es gerne.“
Casey nickte zustimmend. „Ich glaube, das ist bei den meisten Menschen so, die anderen helfen.“
Mehr sagte Casey nicht dazu.
Jessica blickte zum Meer. Ihr Gesicht entspannte sich. „Ich bin egoistisch, nicht wahr? Ich enthalte anderen genau die Chance vor, die ich so gerne nutze – die Gelegenheit, mich gut zu fühlen.“
Sie wandte sich Casey zu. „Mein ganzes Leben war ich schon so. Ich wollte mich anderen nie aufdrängen. Ich wollte ihnen nie Umstände machen… Deshalb ziehe ich mich stets zurück, wenn jemand mir seine Hilfe anbietet.“ Sie blickte zu Boden. „Mir war nicht bewusst, was ich anderen vorenthalte.“
Casey nickte verständnisvoll und sagte: „ Häufig tun sich die Menschen, die am meisten geben, am schwersten damit, etwas von anderen anzunehmen. Bis sie erkennen, was Ihnen gerade bewusst geworden ist.“
Aus vielen Gesprächen in den vergangenen Wochen habe ich wahrgenommen, dass je nach Menschentyp die Reaktion mal sehr emotional mal sehr skeptisch ausfiel. Nun bin ich gespannt, welche Gedanken Dir gekommen sind.
Guten Morgen,
hab gerade durch Zufall ihre Seite gelesen und das Buch hatte ich bereits gelesen.
Ich denke wie es dort beschrieben ist, ist eine Art die Dinge zu sehen, aber ich kann dem so nicht einfach zustimmen, dass Menschen die anderen helfen, Egoisten sein sollen. – Obwohl es dort gut beschrieben ist, dass gebe ich zu.
Warum kann ich dem nicht zustimmen ???
Ja, natürlich kann es auch einem selber gut tun, bzw. tut es gut wenn man ( zB.) Freunden helfen kann/ hilft
Aber: Warum auch nicht ???
Wäre es besser wenn er/ sie keine Hilfe bekommen würde??? und für wenn wäre es besser ???
Wäre es besser- weniger egoistisch – wenn man die Hilfe verweigern würde weil man keinen Bock hat, sich keine Zeit enhemen will, das Geld nicht leihen oder sonst etwas opfern will , ist man dann weniger egogistisch ???
Geteilte Freude ist doch doppelte Freude oder nicht ???
Wenn man in dem betreffenden Beruf arbeitet verdient man mit “Hilfe” sein Geld und was soll daran egoistischer als als wenn man Waren verkauft ???
Mit freundlichen Grüßen
Heike Gundlach
Liebe Heike, diese kleine Geschichte soll aufzeigen, dass viele Dinge nun einmal zwei Seiten haben. Mir haben diese Zeilen persönlich sehr geholfen, Hilfe von anderen anzunehmen ohne gleich Schuldgefühle dabei zu bekommen. Denn nun ist mir bewusst, dass geteilte Freude doppelte Freude ist. Danke für Deinen Kommentar.
Herzlichst Peter
Über die Stelle habe ich mir auch Gedanken gemacht. Na ja, und als logische Konsequenz auch über das Thema Egoismus.
Da stellt sich doch die Frage ob wir nicht alle Egoisten sind. Denn zu allererst kommen doch wir, oder?
Ist dass nicht ganz natürlich? Haben wir uns nicht selbst dazu entschieden hier auf diese Erde unser Leben zu leben?
Wir hätten ja auch einem anderen den Vortritt lassen können 🙂
Und wer entscheidet eigentlich was Egoismus ist? Und warum oder wie viel Egoismus schlecht ist?
Ich finde an dieser Stelle spannend, dass das Egoismus so definiert ist, dass die Person nicht offen ist. Denn worum geht es denn beim annehmen? Um offen und achtsam zu sein und wahr zu nehmen, welche Möglichkeiten das Universum uns anbietet und dann eine bewusste Entscheidung zu treffen.
Vielleicht ist Egoismus = Verschlossenheit?