Unsere persönlichen Werte sind das Fundament für ein gesundes und sinnreiches Leben. Darum beschäftigen wir uns auf der Entdeckungstour zu den Big Five for Life und zum Zweck der Existenz im ersten Schritt mit unserer Wertestruktur. Dabei sind Überraschungen nicht ausgeschlossen.

Gerne nutze ich diese Übung auch, wenn ich mit Geschäftsleitungsteams den Zweck des gemeinsamen Unternehmens und die Basis für dessen Führung erkunde. Auch hier geht es um die Werte und insbesondere die gelebten oder erlebbaren Werte. Diese sollten authentisch sein, damit sie wahrgenommen werden. Das ist mein Anspruch. Daher bringe ich in den Diskussionen die Dinge auf den Punkt. Ein Beispiel dazu möchte ich hier gern teilen:

Unternehmenswerte

Es waren drei Partner. Sie hatten den Plan, ein gemeinsames Unternehmen zu gründen. Der Businessplan war fertig. Die Finanzierung stand. Der Termin beim Notar war vereinbart. Vorher wollten sie mit meiner Moderation die Führungs- und Unternehmenskultur klären. Ein wegweisender Ansatz, dies zu tun, bevor man sich endgültig langfristig bindet. Und wir begannen mit der „Werteübung“. So nenne ich das Verfahren, dass John Strelecky in dem Buch „Reich und glücklich“ veröffentlicht hat.

Aus einer Vielzahl von Werten bestimmt jeder unabhängig die acht wichtigsten Werte, für die er besonders brennt, die eine bedeutende Rolle in seinem Leben spielen. So haben es auch diese drei Unternehmer gemacht. Und dann bat ich sie, gegenseitig ihre Werte vorzustellen und sich auszutauschen, welche existentiell für sie sind. Zwei nannten dazu den Wert „Gerechtigkeit“. Der Dritte – nennen wir ihn Zorro – schüttelte dabei den Kopf und lehnte diesen Wert für sich und als Teil der Unternehmenskultur kategorisch ab. Ein Konflikt kam ans Tageslicht. So wurde es von allen Dreien empfunden. Die Mehrheitsmeinung war: „Wie kann man nur Gerechtigkeit ablehnen? Und können wir noch zusammenarbeiten?“

Ich bat dann alle Beteiligten zu erklären, was sie unter dem Wert „Gerechtigkeit“ verstehen. Und da wurde es klar. Zorro verstand unter diesem Wert eine allumfassende Gerechtigkeit. Aber die Ungerechtigkeit beherrscht die Welt: In Afrika verhungern Kinder, in Indien werden Frauen misshandelt, in Asien Menschenrechte verletzt, in Europa ist Tiermassenhaltung üblich und in Amerika … Und gegen diese Ungerechtigkeit kann er so gut wie nichts oder nur Unbedeutendes unternehmen. Daraus hat er für sich geschlossen, dass der Wert „Gerechtigkeit“ für ihn nicht relevant sein kann. Die anderen beiden bezogen sich im Schwerpunkt auf den gerechten Umgang untereinander, mit den zukünftigen Mitarbeitern, Kunden und Lieferanten. Dieses Verhalten wollte auch Zorro als Basis für die zukünftige Zusammenarbeit. Aber er wollte es eben nicht mit dem von ihm missachtetem Wort „Gerechtigkeit“ benennen. Es war dann ein kleiner Schritt, dieses gewünschte Verhalten in Verbindung zu bringen mit dem Firmenwert „Fairness“. Und so steht es heute noch in der Unternehmensphilosophie.

Und darum raten wir vor einer Diskussion über die persönlichen oder unternehmerischen Werten zunächst einmal untereinander zu klären, was jeder unter dem einzelnen Wert versteht. Genauso individuell wie der Katalog persönlicher Werte ist, genauso individuell ist das Verständnis, für was jeder Wert steht.